Wer beim Kieferorthopäden eine festsitzende Zahnspange oder Aligner erhält, wundert sich, wie diese kleinen Brackets, Knöpfchen oder Attachments auf Dauer an den Zähnen halten. Wird hierfür richtiger Kleber verwendet? Und überhaupt: Wie funktioniert das Ganze? Die meist gestellte Frage beim Kieferorthopäden oder Zahnarzt ist:
Eine nach dem Kleben ihrer Brackets oder Attachments häufig von Patienten gestellte Frage lautet: Wie lange muss ich warten, bis ich etwas essen kann? Kurz gesagt: Gar nicht, es gibt keine Wartezeit! Sobald der Fachzahnarzt für Kieferorthopädie den Klebeprozess abgeschlossen hat, sind die Brackets und Attachments fest. Trotzdem sollte der Patient einige Regeln beachten, damit die Brackets beim Essen nicht abgehen:
Sollte trotzdem ein Bracket oder Attachment abgehen, dann sollte sich der Patient mit seinem Kieferorthopäden in Verbindung setzen, um einen SOS-Termin zu vereinbaren.
Oft kommt es vor, dass man in der Anfangsphase mit der festen Zahnspange auf die unteren Brackets beißt, weil die Zähne noch nicht auf der gleichen Höhe stehen. Deshalb klebt der Kieferorthopäde Aufbisse zur Bisssperrung hinter die oberen Frontzähne oder auf die Backenzähne oder benutzt kleine Aufbissgummis als Puffer. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase ist das Essen meist wieder fast normal möglich.
Brackets und Attachments werden vom Kieferorthopäden mithilfe bestimmter lichthärtender Befestigungsmaterialien (Komposite) auf die Zahnoberfläche geklebt. Diese sind derart beschaffen, dass sie sich nach Behandlungsabschluss vorsichtig mit speziellen Finierer entfernen lassen. Die Komposite unterscheiden sich u.a. durch ihre Fließfähigkeit (Viskosität), vor allem aber durch die Art und Weise, wie sie aushärten. In der Kieferorthopädie werden sogenannte lichthärtende Komposite eingesetzt – das sind Klebstoffe, die durch Einsatz hoher Lichtenergie aushärten. Dies geschieht durch sogenannte Polymerisationslampen, die gebündeltes LED-Licht abgeben. Zahnärzte nutzen sie übrigens, z.B. wenn Zähne eine Füllung erhalten und diese Schicht für Schicht mit LED-Blaulicht ausgehärtet wird.
Damit Brackets und Attachments zuverlässig halten, müssen die Zahnoberflächen vor dem Bekleben gründlich gereinigt und poliert werden. Anschließend werden die Bereiche, auf denen die Brackets geklebt werden sollen, mit einem Spezialgel behandelt, welches die Zahnoberfläche (Zahnschmelz) leicht matt erscheinen lässt. Durch die Vorbehandlung werden sog. Mikroretentionen in der Schmelzstruktur geschaffen. Nachdem durch Absaugung ein trockenes Klebeumfeld geschaffen wurde, wird ein dünnfließendes Bondingmaterial aus Kunststoff auf die vorbereiteten Zahnflächen aufgetragen. Dieses kann einen fluoreszierenden Farbstoff enthalten, der unter UVA-Licht sichtbar ist und somit spätere Klebereste beim Entfernen der Brackets oder Attachments erkennen lässt. Die Klebeflächen der Brackets werden mit einem Komposit bestrichen. Stück für Stück werden sie dann direkt auf die Zähne platziert und in ihrer jeweiligen Position ausgerichtet. Sind sie perfekt positioniert, wird der Kleber für 10-30 Sekunden mit der LED-Lampe ausgehärtet.
Attachments werden in der Regel nicht direkt auf den Zahn geklebt, sondern über ein Klebetray indirekt auf den Zahn geklebt.
Werden für die Backenzähne Bänder (Ringe) verwendet, können die Bänder ebenfalls mit lichthärtendem Kunststoff oder Zement befestigt werden.
Neben der direkten Methode hat sich auch beim Bracketkleben die indirekte Technik bewährt. Bei diesem Verfahren werden die Brackets mithilfe einer Schablone indirekt auf die Zähne geklebt. Diese gibt die vorab geplante Position der Brackets jeweils genau vor. Im Gegensatz zum „freihändigen“ Kleben ermöglicht das indirekte Vorgehen nicht nur ein präziseres Platzieren der Brackets auf dem Zahn. Es ist deutlich schneller umsetzbar, d.h. der Kieferorthopäde kann die Brackets schneller auf die Zähne kleben, was dem Patienten Zeit spart.
Dabei können die Brackets direkt auf ein Modell geklebt werden oder virtuell über eine Software digital positioniert werden.
Neben Brackets gibt es noch viele weitere Hilfsmittel, die während einer kieferorthopädischen Behandlung zum Einsatz kommen können und auf die Zähne geklebt werden. Es gibt Kunststoff-Aufbisse, metallene Häkchen (Hooks), Ösen (Eyelets), Stege u.v.m.. Auch kleine Klebeknöpfchen (Buttons), die aus verschiedenen Materialien wie Kunststoff, Keramik oder Metall bestehen, werden als Zusatzelemente auf den Zahn geklebt. Sie alle dienen zur Unterstützung der Zahnbewegung oder zum Einhängen von Gummizügen oder Gummiketten.
Auch in der Alignertherapie werden heute Attachments mittels Komposit-Technik auf die Zahnoberfläche geklebt. Die Attachments können die Wirkung der Schienen, insbesondere bei komplexeren kieferorthopädischen Zahnbewegungen, effizient verstärken und optimieren. Damit der ästhetische Eindruck der optisch unauffälligen Aligner dabei nicht durch die Attachments getrübt wird, werden die Attachments aus einem Kunststoff in Zahnfarbe aufgeklebt.
Zusätzliche geklebte Buttons oder Häkchen dienen zum Einhängen von Gummizügen. Die Gummizüge sind zur Änderung des Bisses oder zur Verankerung (Vermeidung unerwünschter Zahnbewegungen) notwendig.
Auch nach Abschluss einer Behandlung mit festsitzenden Apparaturen, herausnehmbaren Zahnspangen oder Alignern (Zahnkorrekturschienen) kann die beschriebene Klebetechnik ihre Anwendung finden. So werden zur Sicherung des erzielten Therapieergebnisses sogenannte feste Kleberetainer (Lingualretainer) eingesetzt. Dabei wird am Behandlungsende ein dünner Draht individuell an die Innenliegenden Zahnflächen angepasst und punktuell auf die Innenseite der Frontzähne des Ober- und/oder Unterkiefers geklebt. Im Unterkiefer meist über sechs Klebestellen vom linken zum rechten Eckzahn, im Oberkiefer oft nur über vier Klebestellen von seitlichem Schneidezahn zu seitlichem Schneidezahn. Dies geschieht nach dem geschilderten Verfahren ebenfalls mit Befestigungskunststoff, der LED-Licht ausgehärtet wird. Der Retainerdraht kann mit der Hand gebogen und am Modell oder direkt im Mund positioniert werden. Auch beim Retainerkleben gibt es neben dem direkten Klebeverfahren die Möglichkeit, den Retainer indirekt über ein Klebetray zu kleben. Moderne digitale Behandlungsabläufe können den Prozess unterstützen. Nach einem Intraoralscan können die Retainer über eine Software an einem virtuellen Modell exakt platziert werden. CAD-CAM-Maschinen sind in der Lage den Draht zu biegen, der anschließend über ein Klebetray im Mund des Patienten positioniert und geklebt wird.
Egal, ob direkte oder indirekte Klebtechnik, ob herkömmliche oder digitale Behandlungsplanung, es gibt einige Faktoren, die den Klebeprozess ungünstig beeinflussen. Eine frische Flouridierung der Zahnoberfläche mit einem hochkonzentrierten Flouridlack oder -gel kurz vor dem Einsetzen der festen Zahnspange oder dem Kleben der Attachments kann die Haftkraft der Brackets oder Attachments reduzieren. Damit ist nicht die Bracketumfeldversiegelung, ein fluoridhaltiger Bondinglack oder die Flouridierung im Anschluss an das Kleben gemeint. Eine professionelle Zahnreinigung sollte vor der geplanten Bebänderung oder dem Attachmentkleben ohne Abschlußflouridierung erfolgen.
Generell sollte nach der Konditionierung des Zahnschmelzes kein Speichel mehr die Zahnoberfläche berühren. Deshalb benutzt der Kieferorthopäde Mundspanner und Watterollen zur besseren Trockenlegung.
Bei ausgeprägten Mineralisationsstörungen des Zahnschmelzes (Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation, MIH) ist das normale Kleben von Brackets erschwert. Eine Alternative kann die Therapie mit herausnehmbaren Zahnspangen oder Alignern sein. Bei der Alignertherapie können die notwendigen Attachments individuell auf intakte Schmelzareale am Zahn geklebt werden.
Quellen: