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Zahnzusatzversicherung für Kinder: ja oder nein?

19.04.2022

Kieferorthopädische Zahnbehandlungen bei Kindern können teuer sein. Das hängt unter anderem von der Fehlstellung der Zähne ab und von einer möglicherweise zuzahlungspflichtigen Behandlungsmethode, die Eltern wünschen. In solchen Fällen kann sich eine Zahnzusatzversicherung lohnen. Worauf man beim Vertragsabschluss achten sollte.

Die zwei wichtigsten Punkte vorab: Ein Vertrag über eine Zahnzusatzversicherung sollte abgeschlossen werden, bevor man den Zahnarzt oder Kieferorthopäden aufsucht. Es gibt nur wenige Anbieter, bei denen auch nach Dokumentation eines Behandlungsbedarfs eine Versicherung abgeschlossen werden kann. Der Tarif sollte weiterhin alle sogenannten kieferorthopädischen Indikationsgruppen (KIG) umfassen und auch greifen, wenn die KIG-Einstufungen 1 oder 2 vorliegen.  

Auf was muss man beim Vertrag achten?

Eine gute Zahnzusatzversicherung für Kinder schließt gute Konditionen bei Behandlungen von kieferorthopädischen Problemen ein. Wichtig ist es daher, dass Eltern genau hinsehen, ob alle fünf kieferorthopädischen Indikationsgruppen im Leistungskatalog inklusive sind. Nicht immer sind alle KIG-Einstufungen mitversichert. Die Gruppeneinteilung beschreibt den Schweregrad einer Kiefer- oder Zahnfehlstellung: Je höher die KIG-Zahl ist (1 bis 5), desto ausgeprägter ist die Fehlstellung. Da auch bei vermeintlich leichten Fehlstellungen oder funktionellen Beschwerden eine medizinische Notwendigkeit zur kieferorthopädischen Behandlung vorliegen kann, fallen gerade in diesen Fällen hohe Investitionen an, da diese Befunde nicht vom Indikationsschema der gesetzlichen Krankenkassen erfasst werden. 

Welche Behandlungen übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen?

Kieferorthopädische Behandlungen innerhalb der KIG-Stufen 1 und 2 bezahlen die gesetzlichen Krankenkassen nicht. Bei Fehlstellungen der Einstufung nach KIG 3 bis 5 übernehmen die Krankenkassen einen Teil der Kosten, die sogenannte medizinisch notwendige Grundversorgung, was einer ausreichend, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung entspricht. Entscheiden sich die Eltern für höherwertige Materialien bzw. Leistungen als von den Krankenkassen vorgegeben, müssen sie zudem die Mehrkosten (außervertraglichen Leistungen, AVL) selbst finanzieren. Dazu gehören u.a. die wichtige Funktionsdiagnostik, zur Abklärung funktioneller Befunde vor und während der kieferorthopädischen Behandlung, moderne Bracketsysteme oder zusätzliche prophylaktische Leistungen bei festen Zahnspangen oder erhöhtem Kariesrisiko. 

Auch für die Erstattung einer initialen Frühbehandlung oder einem frühen Behandlungsbeginn (frühe Behandlung) müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, damit die gesetzliche Krankenkasse sich an der kieferorthopädischen Frühbehandlung beteiligt. 

Bei Patienten über 18 Jahren übernimmt die gesetzliche Krankenkasse nur bei gravierenden Zahn- und Kieferfehlstellungen, die eine kombiniert kieferorthopädisch-kieferchirurgische Therapie (Dysgnathie-Operation) erforderlich machen und den definierten KIG-Einstufungen (A5, D4, D5, M4, M5, O5, B4, K4) zugehören, einen Teil der Behandlungskosten. Deshalb ist es wichtig, genau zu überprüfen, wie lange sich die Zahnzusatzversicherung im Bereich Kieferorthopädie sich an Leistungen beteiligt oder, ob der Leistungsanspruch mit Vollendung des 18. Lebensjahres erlischt.

Behandlungen mit transparenten Zahnschienen (Alignern) werden grundsätzlich nicht von den gesetzlichen Krankenversicherungen übernommen. In der Regel werden auch nicht die Differenzleistungen zu den Standardleistungen übernommen, so dass die Alignerbehandlung eine reine Privatleistung ist., wenn Sie nicht eine Zusatzversicherung abgeschlossen haben, die auch eine Behnadlung mit Zahnschienen (Aligner) einschliesst.

Warum sollte man bei Fehlstellungen rechtzeitig reagieren?

Weisen Kiefer oder Zähne des Kindes eine Fehlstellung auf, ist es wichtig, sich rechtzeitig vom Zahnarzt und Kieferorthopäden beraten zu lassen. Denn selbst leichte Fehlstellungen können langfristig zu Problemen führen, wenn sie nicht behoben werden. Daher sollte man eine Behandlung in jedem Fall durchführen lassen – auch dann, wenn die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten nicht übernehmen. Auch die korrekte Atmung, der Lippenschluss und die Aussprache sollten frühzeitig überprüft und  bei Abweichungen therapiert werden.

Eine Zahnzusatzversicherung sollte unter anderem die Kosten für diese Leistungen übernehmen:

  • Alignerbehandlung
  • Selbstligierende Brackets und/ oder Keramikbrackets, Mini-Brackets
  • Lingualtechnik (feste Zahnspange hinter den Zähnen) 
  • Superelastische Bögen bzw. thermoelastische Bögen
  • Zahnversiegelung zum Schutz vor Karies (Glattflächenversiegelung
  • Festsitzende Retainer, weil sie das Behandlungsergebnis langfristig stabilisieren
  • Funktionsdiagnostik 
  • Zusätzliche Diagnostik (Abdrücke, Röntgenbilder, Fotos, digitale Kieferscans)
  • Zusätzliche professionelle Zahnreinigung mit Airflow (PZR)

 

Wann eine Zahnzusatzversicherung Sinn macht

 

Ab welchem Alter sollten Kinder eine Zahnzusatzversicherung haben?

Etwa im dritten Lebensjahr hat sich das Milchgebiss bei Kindern vollständig ausgebildet. In der Regel sind zu diesem Zeitpunkt kieferorthopädische Behandlungen noch nicht angezeigt. Dennoch ist es der ideale Zeitpunkt, um eine Versicherung abzuschließen. Dies aus zwei Gründen: Zum einen werden Kosten für bereits geplante Behandlungen von nachträglich abgeschlossenen Zusatzversicherungen meist nicht übernommen. Zum anderen können Eltern meist keine Zusatzversicherung mehr abschließen, sobald ein Kind vom Facharzt in eine KIG-Gruppe eingeteilt worden ist. Nach Abschluss einer Zusatzversicherung können bis zu drei Vertragsjahre (manchmal sogar bis zu fünf Jahre) vergehen, ehe alle Leistungen abgedeckt sind. Es ist aber dennoch nicht nötig, schon im Säuglingsalter bzw. für das Baby zu handeln. Ab drei Jahren reicht vollkommen.

Was kostet eine Zahnzusatzversicherung?

Die günstigsten Tarife sind nicht die besten. Angebote unter zehn Euro haben oft den Nachteil, dass sie nur wenige Zusatzleistungen umfassen, die zudem für Kinder in der Regel nicht relevant sind. Besser aufgestellt ist man mit Versicherungen, die mindestens 13 bis 15 Euro pro Monat kosten. In jedem Fall sollte man sich gut beraten lassen und die Versicherungsbedingungen gut studieren.

Gibt es eine Zahnzusatzversicherung für Kinder ohne Wartezeit?

Ja, diese gibt es. Doch oft ist die verringerte Wartezeit nicht entscheidend.. In der Regel ist eine Behandlung auch nicht sofort nach einer Diagnose nötig, sondern zum Beispiel erst ein Jahr später. Tarife ohne Wartezeit sind zudem häufig unverhältnismäßig teuer bzw. es werden nur 50% der Leistungen erstattet. Auch hier lohnt es sich, die Versicherungsbedingungen genau zu studieren.

Wann sollte die Zahnzusatzversicherung fürs Kind gekündigt werden?

Spätestens mit Vollendung des 18. Lebensjahres sollte man seine Zusatzversicherung überprüfen und sie gegebenenfalls kündigen. Alternativ kann man den Tarif wechseln und eine Zahnzusatzversicherung für Erwachsene abschließen. 

Fazit

  • Fast jedes zweite Kind leidet unter einer Zahnfehlstellung.
  • Doch nicht jede Fehlstellung wird von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen.
  • Manchmal entscheidet nur ein Zehntel Millimeter darüber, ob die Kasse eine Behandlung übernimmt oder nicht.
  • Eine Zahnzusatzversicherung sollte VOR der Erstvorstellung beim Kieferorthopäden abgeschlossen sein.

 

Quellen:

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  • Schopf P: Kieferorthopädische Abrechnung: BEMA, KIG, GOZ 2012/GOÄ. Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin 2013
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  • Zahnzusatzversicherung im Test: 91 von 244 Tarifen sind sehr gut | Stiftung Warentest
  • Zahnzusatzversicherung für Kinder | die 37 besten KFO-Tarife im Waizmann-Vergleich (waizmanntabelle.de)

 

 

 

 

 

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