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Neue Studie: So häufig sind Kieferfehlstellungen

07.11.2022

Oft wurde bemängelt, dass es zu wenig Studien über Notwendigkeit und Nutzen von Kieferorthopädie gibt. Eine aktuelle Studie kommt zu interessanten Ergebnissen. Sie zeigt auf, wie häufig Zahn- und Kieferfehlstellungen bei Kindern sind – und räumt mit dem Vorwurf auf, dass Kieferorthopäden in Deutschland zu häufig zur Zahnspange raten.

Deutschland auf den Zahn gefühlt – nach diesem Motto geht die Deutsche Mundgesundheitsstudie der Frage nach, wie es um die Zähne der Deutschen steht. Wie verbreitet sind Erkrankungen der Mundhöhle und wie gut ist die zahnmedizinische Versorgung hierzulande?  Seit 1989 wird die Studie etwa alle acht Jahre durchgeführt. Die Ergebnisse sollen helfen, die Versorgungssituation und die Abläufe in Zahnarztpraxen in Deutschland weiter zu verbessern. 

De 6. Deutsche Mundgesundheitsstudie, kurz DMS 6, widmete sich erstmals auch der Kieferorthopädie. Von Januar bis März 2021 wurden deutschlandweit 720 Kinder im Alter von 8 bis 9 Jahren untersucht und gemeinsam mit den Eltern befragt. Das Ziel: Die Häufigkeit von Zahnfehlstellungen und Kieferanomalien zu ermitteln. Das wurde zuletzt vor mehr als 30 Jahren flächendeckend gemacht. Da Kinder mit 8 bis 9 Jahren in der Regel noch keine Zahnspange haben, hat man sich für diese Altersgruppe entschieden – sozusagen um den natürlichen Ist-Zustand zu ermitteln.

Die wichtigsten Aussagen der Mundgesundheitsstudie zur Kieferorthopädie

Die Ergebnisse des Moduls "Zahn- und Kieferfehlstellungen bei Kindern" der DMS 6 wurden nun veröffentlicht – und sie geben Antworten auf einige wichtige Fragen rund um Kieferorthopädie:

1. Fehlstellungen bei Kindern sind häufig

Insgesamt hatten 40 Prozent der untersuchten 8- bis 9-Jährigen eine Zahn- oder Kieferfehlstellung, die nach den gängigen Richtlinien kieferorthopädisch behandelt werden sollte. 10 Prozent der Kinder hatten ausgeprägte, 25,5 Prozent stark ausgeprägte und 5 Prozent extrem stark ausgeprägte Zahnfehlstellungen. Bei diesen 40 Prozent würden die gesetzlichen Krankenkassen laut KIG-System eine Zahnspange bezahlen.

57 Prozent der Kinder hatten außerdem eine leichtere Fehlstellung, die aus medizinischer Sicht behandlungswürdig sein kann, auch wenn dies nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen wird. Nur 2,5 % der Kinder hatten gar keine Anomalien oder solche, die nur kosmetisch störend sind.

2. An der Häufigkeit hat sich seit vielen Jahren nichts geändert

Vergleicht man die Zahlen der DMS 6 mit früheren Erhebungen, zeigt sich, dass die Häufigkeit von Zahn- und Kieferfehlstellungen sehr konstant ist. Zu Vergleichswerten von 2003 hat sich quasi nichts verändert – auch nicht bei der Eingruppierung in die Kieferorthopädischen Indikationsgruppen (KIG), die Schweregrad und Dringlichkeit der Behandlung angeben.

3. Es gibt keine Über- oder Unterversorgung mit Zahnspangen

Immer wieder gab es in der Vergangenheit Stimmen, die kritisierten, dass Kieferorthopäden zu häufig zu einer Zahnspange raten würden. Die neuen Zahlen der Deutschen Mundgesundheitsstudie zeigen nun deutlich: Es gibt weder eine Unter- noch eine Überversorgung. Denn der Bedarf – etwa 40 Prozent aller Kinder brauchen eine Zahnspange – deckt sich weitgehend mit den Abrechnungsdaten der Kieferorthopäden.

4. Fehlstellungen sind nicht nur ein ästhetisches Problem

Neben Zahnfehlstellungen schauten die Zahnärzte im Rahmen der Mundgesundheitsstudie auch auf Karies. Interessant war, dass Kinder mit Fehlstellungen deutlich mehr Karies hatten als Kinder ohne Fehlstellungen. Das stützt die Annahme, dass eine kieferorthopädische Behandlung auch vor Karies schützen kann. Außerdem wurde auch abgefragt, ob die Kinder Schmerzen oder Probleme beim Kauen hatten. Auch hier zeigte sich ein deutlicher Zusammenhang: Kinder mit behandlungsbedürftigen Fehlstellungen hatten häufiger Probleme beim Kauen. Kieferorthopädie hat also eine wichtige Funktion für die Mundgesundheit - es geht dabei längst nicht nur um Kosmetik. Der Nutzen von kieferorthopädischen Behandlungen soll in der Folgestudie DMS 7 weiter untersucht werden.

Zähne lieber früh als spät korrigieren lassen

Was die Bundeszahnärztekammer zudem zur Studie anmerkt: Ein großer Teil der Fehlstellungen wird im Kindes- und Jugendalter nicht behandelt, weil die Krankenkassen die Behandlung nicht übernehmen. Viele dieser Patienten stören sich später, wenn sie erwachsen sind, doch an ihren Fehlstellungen und entscheiden sich dann für eine Aligner-Behandlung. Wer seine Zähne schon im Kindes- oder Teenageralter richten lässt, erspart sich in der Regel eine Zahnspange oder Zahnschiene, wenn er erwachsen ist.

 

Quellen:

  • Sechste Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS • 6) 
  • Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Kieferorthopädie zu den Ergebnissen des kieferorthopädischen Moduls der sechsten Deutschen Mundgesundheitsstudie
  • Gemeinsame Presseinformation von Kassenzahnärztlicher Bundesvereinigung (KZBV), Bundeszahnärztekammer (BZÄK), Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) und Deutsche Gesellschaft für Kieferorthopädie (DGKFO): Keine Unter- oder Überversorgung: Neue Studie zu Zahn- und Kieferfehlstellungen bei Kindern
  • Position der Bundeszahnärztekammer: Kieferorthopädie gehört in die Hände von Profis – die Gefahren von Aligner-Behandlungen im DIY-Verfahren
  • Pressestatement der KZBV: Ergebnisse der IDZ-Studie „Zahn- und Kieferfehlstellungen bei Kindern“
  • Das Gesundheitsportal medondo.health
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