Ein Zahn kann verloren gehen, keine Frage. Ob durch Unfall, Karies oder eine Parodontitis verursacht, sollte die entstandene Lücke im Zahnbogen jedoch versorgt werden. Denn geschieht das nicht, kann der Zahnverlust zu Störungen der Kaufunktion, Fehl- und Überbelastungen anderer Zähne, zum Abbau des Kieferknochens oder gar zu ungewollten Zahnbewegungen führen. Das Gleiche kann gelten, wenn Zähne von Mutter Natur aus fehlen bzw. nicht angelegt sind. Während Zahnlücken in manchen Fällen durch Bewegen benachbarter Zähne kieferorthopädisch geschlossen werden können, bedarf es in anderen Fällen eines Zahnersatzes. Damit die Versorgung mit Kronen, Brücken oder Implantaten beim Zahnarzt problemlos durchgeführt werden kann, muss vorab mitunter eine präprothetische Bisskorrektur beim Kieferorthopäden erfolgen.
Insbesondere Erwachsene, bei denen im altersgereiften Gebiss nicht mehr alle Zähne vorhanden sind, hegen nicht selten den Wunsch, bestehende Lücken im Zahnbogen durch eine prothetische Versorgung zu schließen. Viele haben seit jungen Jahren eine nicht behobene Zahnfehlstellung oder im Lebensverlauf einen Zahnverlust erfahren, was sie zunächst nicht weiter störte, jedoch aufgrund einer sich über die Jahre ändernden Zahnsituation zunehmend zu Problemen führte. Andere leiden oder litten unter einer entzündlichen bakteriellen Erkrankung des Zahnhalteapparats (Parodontitis), in deren Verlauf der fortschreitende Verlust an Knochen letztlich zum Zahnverlust führte.
Wer jedoch glaubt, Zahnersatz ginge nur die ältere Generation etwas an, der irrt. So kann eine prothetische Versorgung unter Umständen auch im Kindes- und Jugendalter notwendig sein. Beispielsweise, wenn Zähne durch Nichtanlagen fehlen, bleibende Zähne durch Traumata oder Kariesbefall verloren gehen oder eine Anomalie der Zahnform vorliegt (Zapfenzähne, verkleinerte Zähne), kann sich die Eingliederung von Zahnersatz durchaus auch in jungen Jahren als sinnvoll erweisen. Sie ist daher gegenüber der Möglichkeit eines kieferorthopädischen Lückenschlusses auch hier in Betracht zu ziehen.
Jedoch beschränkt sich Prothetik im Kindesalter meistens auf Kinderprothesen, um Sprech- und Schluckfehlern vorzubeugen oder Lückenhalter – nicht aber auf einen definitiven Ersatz.
Um (sichtbare) Lücken mithilfe von Zahnersatz schließen zu können, ist oft eine kieferorthopädische Vorbehandlung erforderlich. Diese orthodontischen Vorab-Maßnahmen schaffen beispielsweise den nötigen Platz für das Einsetzen eines Implantats oder richten gekippte Zähne wieder auf, um so z.B. die Eingliederung einer Brücke oder Prothese zu ermöglichen. Kurzum: Die präprothetische Kieferorthopädie sorgt für die erforderliche Bisskorrektur vor dem Zahnersatz.
Geht ein Zahn – aus welchen Gründen auch immer – verloren und wird nicht zeitnah ersetzt, passiert in der Regel Folgendes: Die Nachbarzähne links und rechts der Lücke „nutzen“ den frei gewordenen Platz und bewegen sich oder kippen aufgrund des nun fehlenden Drucks des verlustigen Zahns in die Lücke hinein. Ganz abgesehen von der ästhetischen Beeinträchtigung eines Zahnverlusts, vor allem im Frontzahnbereich.
Die sich verschiebenden oder kippenden Zähne beeinflussen schließlich das Zusammenbeißen. Der Biss verändert sich, was in der Folge zu einer funktionellen Beeinträchtigung von Zähnen und Kiefern führt. Ist später dann eine prothetische Versorgung gewünscht, steht dafür oft kein ausreichender Platz mehr zur Verfügung. Oder die veränderte bzw. gekippte Position der Nachbarzähne lässt das Tragen eines Zahnersatzes nicht mehr zu. Um dennoch die Anfertigung und Eingliederung einer Brücke oder Prothese zu ermöglichen, muss zunächst die Korrektur der Zahnfehlstellungen erfolgen.
Die Ziele einer präprothetischen KFO-Behandlung umfassen u.a. die Korrektur „gewanderter“ und gedrehter Zähne sowie die Zahnaufrichtung (z.B. von Molaren) mit einhergehender Verbesserung der Mundhygienefähigkeit. Lücken können – in enger Absprache mit dem Zahnarzt – wieder geöffnet werden, um so den erforderlichen Platz für ein Implantat oder eine prothetische Brückenversorgung zu gewinnen. Zudem können für das Tragen des Zahnersatzes benötigte Pfeilerzähne besser im Zahnbogen verteilt oder durch Herstellung stabiler Zahnkontakte zwischen Ober- und Unterkiefer eine Verbesserung bzw. Wiederherstellung der Gebissfunktion erzielt werden, bevor letztlich die Eingliederung des Zahnersatzes erfolgt. Ganz abgesehen vom ästhetischen Aspekt.
In der Regel erfolgt die kieferorthopädische Vorbehandlung mit einer festsitzenden Zahnspange (Bracketapparatur). Je nach vorliegender Gebisssituation (z.B. bei verminderter parodontaler Belastbarkeit der Verankerungszähne oder reduzierter Anzahl an Ankerzähnen) kann diese mit Hilfsmitteln zur skelettalen Verankerung (Minischrauben, Gaumenimplantate) kombiniert werden.
Um ein individuell optimales funktionelles sowie ästhetisches Ergebnis erzielen zu können, ist die enge Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen Zahnarzt, Parodontologe und Fachzahnarzt für Kieferorthopädie unerlässlich.
Quellen: